Offener Brief: Klimaschutzgesetz
Wien, 16. März 2022
Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung,
wir, die unterzeichnenden Organisationen, fordern die Bundesregierung auf, rasch ein wirksames Klimaschutzgesetz zum Beschluss vorzulegen. Österreich bleibt keine Zeit für ein weiteres Klimaschutzgesetz, das seinem Namen nicht gerecht wird. Verfehlen wir das 1,5-Grad-Limit, so wird die Klimakrise mit jedem weiteren Zehntel Grad mehr menschliches Leid fordern und noch höhere Folgekosten für Anpassungsmaßnahmen und das Begleichen von Katastrophenschäden verursachen.
Wie die Klimakrise uns trifft
Die Auswirkung der immer höher werdenden Treibhausgaskonzentrationen betrifft uns junge Menschen überproportional stark, da uns bspw. Extremwetterereignisse künftig noch intensiver treffen werden. Neben Hitzeperioden, in denen draußen arbeiten längst nicht mehr erträglich ist und die Nächte trotzdem keine Erholung bieten, sind viele Berufsgruppen auch direkt betroffen. Zunehmende Ernteausfälle verunsichern junge Landwirt:innen, Starkregenereignisse strapazieren Produktionsstandorte. Auf uns junge Menschen werden erhebliche geopolitische Spannungen und Konflikte um Ressourcen zukommen, die den Welthandel drastisch beeinflussen werden. Solange es keine gesetzliche Grundlage für den Pfad zur Klimaneutralität gibt, fehlt der Wirtschaft die notwendige Sicherheit, um richtungsweisende Änderungen durchzuführen. Wie konsequent Politiker:innen in den nächsten Jahren die Dekarbonisierung innerhalb und außerhalb Österreichs vorantreiben, spielt für unsere Zukunft demnach eine zentrale Rolle.
Globaler Kontext – Klimagerechtigkeit
Die Klimakrise wirkt sich schon heute in etlichen Teilen der Erde und auf die dort lebenden Menschen noch stärker aus, als sie es jetzt schon in Österreich tut. Österreich emittiert seit der Industrialisierung CO2 und hat mit den anderen Ländern des Globalen Nordens 92 % des seit 1850 ausgestoßenen CO2 verursacht. Es ist daher in unserer Verantwortung, dass ein wirksames Klimaschutzgesetz verabschiedet wird, nicht zuletzt auch um Regionen, die weniger Treibhausgase ausgestoßen haben, aber überproportional von den Folgen der Klimakrise betroffen sind, zu schützen.
Warum das Gesetz wichtig ist
Das Ziel eines Klimaschutzgesetzes liegt darin, die aktuelle und alle zukünftigen Regierungen dazu zu verpflichten, die Lebensgrundlage für unsere und zukünftige Generationen zu erhalten. Ähnlich einem Haushaltsbudget muss die Bundesregierung in diesem Gesetz festlegen, wie groß das Treibhausgasbudget ist, über das Österreich jedes Jahr verfügt. Im bisherigen Klimaschutzgesetz gab es weder ein solches Budget noch wirksame Zuständigkeiten oder Regeln, was bei Zielverfehlung passiert. Ohne solche Regulationen kann das Pariser Klimaabkommen, das Österreich vor sechs Jahren unterzeichnet hat, nicht eingehalten werden.
Das Ziel muss stimmen
Aller Voraussicht nach wird das neue Klimaschutzgesetz bei seiner Veröffentlichung „besser“ als sein Vorgänger sein. Zur Eindämmung der Klimakrise reicht ein bloßes Besser-Sein jedoch nicht – vor allem, wenn das alte Klimaschutzgesetz ein zahnloser Tiger war. Stattdessen muss die Frage im Vordergrund stehen, ob das Gesetz einen adäquaten Rahmen bietet, damit Österreich das Pariser Klimaabkommen einhält. In neun Jahren müssen die jährlichen globalen Treibhausgasemissionen auf die Hälfte gesunken sein, um die Chance auf 1,5 °C am Leben zu halten.
Forderungen
Die aktuellen Klimaschutzpläne aller Länder werden dazu führen, dass die Erderhitzung immer weiter ansteigen und gegen Ende des Jahrhunderts – optimistisch gesehen – 2,4 °C überschreiten wird. Um das zu verhindern, braucht es auch in Österreich ein wirksames Klimaschutzgesetz, das der Politik, den Unternehmen und den Menschen als Fahrplan dienen kann.
Daher muss die Bundesregierung ein Gesetz ausarbeiten, das
- ein 1,5-Grad-kompatibles Treibhausgasbudget enthält,
- jährliche Emissionsziele für jeden Sektor festschreibt,
- eine Evaluierung von Möglichkeiten zur effektiven Kontrolle durch Gerichte enthält,
- starke Institutionen wie einen wissenschaftlichen Beirat beinhaltet und
- sozial gerechte Maßnahmen vorsieht, die beim Verfehlen des Zielpfads zum Einsatz
kommen, um Österreichs fairen Beitrag zur Eindämmung der Klimakrise zu gewährleisten.
Maßnahmen dürfen dabei bestehende soziale Ungleichheiten nicht weiter verschärfen, sondern müssen im Gegenteil einen sozial gerechten Wandel (Just Transition) gewährleisten.
Hochachtungsvoll,
Bundesjugendvertretung
Fridays For Future Austria
Österreichische Gewerkschaftsjugend