Equal Pay Day: Warum Frauen* in Österreich 61 Tage im Jahr umsonst arbeiten.
61 Tage. In Österreich arbeiten Frauen* – statistisch gesehen – ganze 61 Tage gratis. Wie kommt es überhaupt zu so einer Ungerechtigkeit? Diese erschreckenden Zahlen entstehen, wenn wir die geschlechtsspezifische Einkommenslücke betrachten. Tatsächlich gibt es diese auch heute noch – und ohne Maßnahmen wird es sie wohl noch sehr lange geben.
Ein Beitrag von Lejla Visnjic, Stv. Sprecherin des BJV Frauenkomitees
Das Frauenkomitee der BJV hat dieses Video bereits 2017 anlässlich des Equal Pay Days gestaltet.
Der Equal Pay Day macht auf die ungleiche Bezahlung von Frauen* und Männern aufmerksam, indem er verdeutlicht, wie viele Tage im Jahr Frauen* – statistisch gesehen – unbezahlt arbeiten. In Österreich fällt der Equal Pay Day dieses Jahr auf den 1. November. Dabei variieren die Einkommensunterschiede und der Equal Pay Day je nach Bundesland stark: In Vorarlberg fand der Equal Pay Day schon am 7. Oktober statt, was die größte Einkommenslücke zwischen Frauen* und Männern markiert. Wien schneidet im österreichischen Vergleich am besten ab, dort liegt der Equal Pay Day erst am 22. November.
Die Lohnungleichheit ist jedoch kein rein österreichisches Problem, sondern betrifft die ganze Welt. Ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt, dass Österreich beim Thema Lohngerechtigkeit Aufholbedarf hat: Der europäische Equal Pay Day liegt am 15. November, also ganze 15 Tage später als der österreichische. Viele EU-Länder setzen bereits Maßnahmen, um die Einkommenslücke zwischen Frauen* und Männern zu schließen – Österreich könnte von diesen Vorbildern profitieren.
In den letzten zehn Jahren hat sich der Equal Pay Day in Österreich nur langsam verschoben: 2014 lag er am 10. Oktober – und heute, ganze zehn Jahre später, nur 21 Tage danach. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, dauert es noch mindestens 30 Jahre, bis wir Lohngleichheit erreichen – vorausgesetzt, die Lücke schließt sich konstant. Doch das ist nicht sicher, da es auch Jahre gibt, in denen der Unterschied sogar wieder wächst, vor allem wenn keine Maßnahmen gesetzt werden.
Ein großes Problem bei der Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Einkommensunterschieds ist die fehlende Lohntransparenz in Österreich. Es werden kaum Informationen über die Gehälter von Arbeitnehmer*innen offengelegt, und es gilt als Tabu, sich über den eigenen Lohn auszutauschen – vor allem unter Kolleg*innen. Frauen* können daher oft gar nicht wissen, dass sie im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen schlechter bezahlt werden.
Es gibt jedoch auch Fortschritte: Letztes Jahr hat die Europäische Union eine Richtlinie verabschiedet, die Mitgliedsstaaten verpflichtet, bis 2026 Maßnahmen für mehr Lohntransparenz einzuführen. Das Ziel ist, dass alle Arbeitnehmer*innen das Recht haben, die Gehälter von Vergleichsgruppen einzusehen. In Österreich steht die Umsetzung noch aus – aber die Zeit drängt.
Doch Transparenz allein reicht nicht aus, um die Lohnschere zu schließen! Die BJV hat deshalb ein umfassendes Positionspapier entwickelt, das folgende Maßnahmen zur Bekämpfung der Ungleichbehandlung vorschlägt:
- Mehr Aufklärung und Sensibilisierung von Frauen* und Männern zu Teilzeitarbeit und Altersarmut, sowie wirksame Strategien und Maßnahmen gegen Teilzeitarbeit zur Vermeidung der „Teilzeit-/Pensionsfalle“
- Schaffung von Rahmenbedingungen für „reale“ Wahlmöglichkeiten, z.B. Kinderbetreuungseinrichtungen, vor allem im ländlichen Raum
- Höhere Bewertung und bessere Bezahlung von „typischen Frauen*berufen“, wie (elementar-)pädagogische Berufe oder der Sozial- und Pflegebereich, aber auch andere Berufsgruppen, z.B. der Einzelhandel
- Arbeitszeitverkürzung auf eine 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich.
- Einen gesetzlichen Netto-Mindestlohn von € 1.700
Der Equal Pay Day zeigt uns jedes Jahr aufs Neue, dass Frauen* in Österreich immer noch strukturell benachteiligt sind – eine Ungleichheit, die nicht von allein verschwindet. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit darf keine Zukunftsvision bleiben, sondern muss zur Realität werden! Mädchen* und junge Frauen* haben das Recht, in einer Arbeitswelt aufzuwachsen, die nicht mehr von dieser Ungerechtigkeit geprägt ist. Gemeinsam haben wir die Chance, eine Gesellschaft zu gestalten, in der gerechte Entlohnung keine Ausnahme, sondern die Regel ist – und jede* wie jeder einen fairen Lohn für die eigene Arbeit erhält.