Warum uns die Pensionen von Frauen alle etwas angehen

Ohne Frauen läuft in unserer Gesellschaft nichts! Gerade in den letzten Monaten haben wir gesehen: Unser Wirtschaftssystem ist darauf aufgebaut, dass die Arbeit von Frauen als selbstverständlich angesehen wird. Wir bewerten sie zu niedrig oder lassen die Tätigkeiten, die Frauen übernehmen, wie zum Beispiel die Kinder- und Altenbetreuung, gleich gänzlich unbezahlt. Was das mit Pensionen zu tun hat? Das beschreibt Romana Greiner, Sprecherin des Frauenkomitees der BJV.

Frauen bekommen nur etwa halb so viel Pension wie Männer

Landauf, landab: Frauen bekommen aktuell nur etwa halb so viel Pension wie Männer. Der „Gender Pension Gap“, also der Unterschied zwischen der Pension von Frauen und Männern beträgt in Österreich aktuell 41,6 Prozent. In allen Bundesländern außer Wien und Kärnten liegt der Unterschied noch höher. In Vorarlberg beträgt er beispielsweise sogar 48,1 Prozent. Eine Frau in Vorarlberg bekommt im Jahr im Durchschnitt 14.603 Euro, ein Mann in Vorarlberg bekommt fast doppelt so viel aufs Konto überwiesen, nämlich 28.157 Euro. Wenn man dieses Phänomen kalendarisch abbilden will, könnte man auch sagen: ab dem 1. August schauen die Frauen in Österreich bei den Pensionen durch die Finger. Denn an diesem Tag haben die männlichen Pensionisten bereits jene Summe an Pensionszahlungen erhalten, die die Frauen erst mit Jahresende am Konto haben werden.

Doch wie kommt’s eigentlich dazu?

Dieser „Gender Pension Gap“ resultiert aus den geschlechtsabhängigen Lohnunterschieden. Klassische „Frauenberufe“ wie zum Beispiel Krankenpflegerin, Supermarktangestellte oder auch Volksschullehrerin sind meistens schlechter bezahlt als typische Männerberufe. Allein deswegen wird über ein Arbeitsleben gerechnet schon einmal weniger ins Pensionssystem eingezahlt. Zusätzlich dazu müssen sich Frauen oft aufgrund zeitintensiver unbezahlter Arbeit im Haushalt wie zum Beispiel Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen auf eine Teilzeitarbeitsstelle beschränken. Dies wirkt sich zusätzlich zum ohnehin geringeren Einkommen negativ auf die zukünftigen Pensionen von Frauen aus. Ach ja: und dann war ja noch die Sache mit den Karenzzeiten. Auch 2021 haben immer noch zu wenige Väter die Möglichkeit, in Karenz zu gehen, in Anspruch genommen, um diesen Pensionsunterschied auszugleichen.

Jede vierte Frau muss in Altersarmut leben

Frauen sind nach wie vor auch in Österreich stärker armutsgefährdet oder von Armut betroffen als Männer. Ganz besonders gilt das für alleinstehende Frauen, Alleinerzieherinnen und eben ältere Frauen. Laut EU-SILC 2018 waren 26 Prozent der alleinlebenden Pensionistinnen gegenüber 15 Prozent der alleinlebenden Pensionisten armutsgefährdet. Jede vierte Frau muss trotz eines arbeitsintensiven Lebens jeden Cent umdrehen. In einem Land wie Österreich ist das ein gesellschaftliches Armutszeugnis!

Von schlechten Argumenten und alten weißen Männern

Viele, meistens vor allem jene Männer, die selbst eine mehr als ausreichende Pension beziehen (werden), mögen nun sagen: „Eh klar, wer nie Vollzeit gearbeitet hat, darf sich nicht über eine niedrige Pension wundern“. Doch diese Aussage ist de facto zynisch und übersieht wichtige Fakten. Denn Frauengehälter sind auch bei Vollzeit häufig geringer als Männergehälter. Und zweitens: nur weil jemand nicht in Vollzeit einer klassischen Lohnarbeit nachgegangen ist, bedeutet es nicht, dass die Person nicht viel in ihrem Leben gearbeitet und geleistet hätte. Wie zu Beginn angedeutet liegt das Problem darin: Die Arbeit von Frauen wird von unserer Gesellschaft als selbstverständlich erachtet. Haushalt und Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und emotionale Arbeit: All das hat zurzeit keinen (monetären) Wert. Und dennoch trägt es maßgeblich zum Gelingen unserer Gesellschaft bei und wird häufig von Frauen verrichtet. Gerade in Bezug auf Partnerschaften muss man nur fragen: Welcher Mann könnte in Vollzeit arbeiten, wenn er nicht eine Partnerin zuhause hätte, die die gemeinsamen Kinder um 14 Uhr aus der Schule abholt, die Eltern versorgt, den Haushalt erledigt und sich um die Einkäufe kümmert?

Das System verändern und die Arbeit von Frauen höher bewerten!

Was müssen wir also tun? Als Gesellschaft müssen wir anerkennen, dass Frauen tagtäglich Unglaubliches für das Gelingen unseres Zusammenlebens leisten. Ohne die großteils unbezahlte und auch unterbezahlte Arbeit von Frauen würde unsere Gesellschaft – und auch unsere Wirtschaft – ganz schön ins Straucheln geraten. Man denke nur an die Zeit des Homeschooling. Die Last, die von den unzureichenden öffentlichen Betreuungsmöglichkeiten ausgeht, lastet fast immer auf den Schultern der Frauen. Das müssen wir ändern!

Wo wir ansetzen müssen:

• Gezielte Maßnahmen gegen Altersarmut, insbesondere für Frauen.

• Keine Steuerreformansätze, die in Richtung Ehegatten- oder Familiensplitting gehen, die Menschen unter dem Vorwand der Förderung von Familien ein klassisches, patriarchales Familienmodell aufzwingen wollen.

• Die volle Anrechnung von Care-Arbeit, Pflege- und Kinderbetreuungszeiten für die Pension bzw. für die Versicherungszeiten.

• Rechtsanspruch auf eigenständige Sozialleistungen unabhängig vom Partner oder der Partnerin.

• Die Ursachen für den Gender Pension Gap müssen strukturell beseitigt werden.

• Die Ausarbeitung eines Modells für eine existenzsichernde Mindestpension, in dem eigenständige Pensionsansprüche für Frauen sichergestellt sind.

• Eine Reform des Modells der lebenslangen Durchrechnung mit dem Ziel, Frauenpensionen lebensstandardsichernd zu machen. Das derzeitige Modell benachteiligt besonders Frauen mit langen Erwerbsunterbrechungen bzw. langen Teilzeitphasen.

Weitere wichtige Forderungen findest du auch frauenpolitischen Positionspapier der BJV.