Eine Impfung kommt selten allein

Warum wir eine Ausweitung der leistbaren HPV-Impfung brauchen

Ein Text von Teresa Sihler

Impfungen sind aktuell in aller Munde und wenn wir daran denken, schwirren uns Assoziationen wie Impfbefürworter, Impfgegner, Nebenwirkungen, Risikogruppen, Durchimpfungsrate im Kopf herum. Doch dabei dreht es sich nur um eine Art von Impfung: nämlich die gegen COVID-19.

Das ist problematisch, denn in Wahrheit gibt es so viele andere Impfungen, über die wir auch dringend reden müssten. Vor allem über solche, die besonders für junge Personen äußerst wichtig wären, wie zum Beispiel die HPV-Impfung.

H P – was?!

Hm HPV, davon hat man schon mal gehört… Aber was das wirklich ist, weißt du auch noch nicht so genau? Humane Papillomviren sind eine große Virusgruppe, die zu abnormem Zellwachstum beim Menschen führen kann und unter anderem Krebsvorstufen, Krebs sowie Genitalwarzen verursachen. Die Übertragung von HP-Viren erfolgt durch direkten Schleimhautkontakt, am häufigsten also bei sexuellen Kontakten.

HP-Viren sind weit verbreitet und sowohl Männer als auch Frauen können sich infizieren. Tatsächlich stecken sich vier von fünf Personen im Laufe ihres Lebens mit HPV an – und das meistens, ohne es zu wissen! Die Verwendung eines Kondoms zum Schutz vor sexuell übertragbaren Erkrankungen kann vor HPV nur teilweise schützen, der Gebrauch ist aber natürlich zu empfehlen.

Die „Hoch-Risiko“ HPV-Typen können zu Krebsvorstufen und in weiterer Folge zu Krebsformen wie Gebärmutterhalskrebs, Scheidenkrebs, Penis- und Analkarzinomen und Krebsformen des Rachens führen. Solche Krebsvorstufen können durch den Krebsabstrich/HPV-Test entdeckt werden und sind bei Früherkennung auch sehr gut therapierbar, doch durch die HPV- Impfung selbst kann das Risiko überhaupt an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken um bis zu 90 % reduziert werden.

Okay, und wann genau soll ich mich impfen lassen?

Die HPV-Impfung wird allen Mädchen UND Buben ab dem 9. Geburtstag empfohlen. Am besten wirkt die Impfung nämlich vor Beginn der sexuellen Aktivität (da die Immunantwort bei jungen Menschen am höchsten ist und außerdem seltener eine bereits stattgefundene HPV-Infektion vorliegt.) Aber auch bereits sexuell aktive Personen können von der Impfung profitieren, da diese das Risiko für weitere Infektionen und Erkrankungen durch HPV reduziert. Eine frühere Infektion garantiert nämlich keinen sicheren Schutz vor einer erneuten Erkrankung.

Neben dem Schutz der eigenen Gesundheit wird durch eine Impfung auch die Übertragung auf andere Personen vermieden, was wesentlich zur Entstehung eines Herdenschutzes beiträgt.

Ich möchte mich also impfen lassen. Aber was kostet das?

Beim HPV-Impfstoff liegen die Kosten zwischen 170 und 200 Euro pro Dosis. Im Zuge des Kinderimpfprogrammes ist der Impfstoff für Kinder ab dem 9. Geburtstag bis zum vollendeten 12. Lebensjahr kostenfrei. Dies wird meist bei bestehenden Schulimpfprogrammen angeboten. Danach steigen die Kosten für die Impfung allerdings an! Bis zum vollendeten 15. Lebensjahr handelt es sich um eine Nachholimpfung (eine sogenannte „Catch-up“-Impfung), die zum vergünstigten Selbstkostenpreis abgegeben wird. Die Höhe schwankt je nach Bundesland. In Niederösterreich kostet die Impfung 65 Euro, in Tirol „nur“ 52 Euro oder in Wien etwa 63,50 Euro.

Nach dem 15. Lebensjahr steigen die Kosten für eine gänzliche Immunisierung allerdings stark an, nämlich auf über 600 Euro. Vereinzelte Bundesländer bieten auch noch vergünstigte Impfungen von 100 Euro pro Teilimpfung für junge Erwachsene (bis 26 Jahre) an. In den restlichen Bundesländern müssen junge Frauen und Männer ab dem 16. Geburtstag aber die gesamten Kosten privat tragen. Die Hemmschwelle, eine HPV-Impfung nach dem 15. Lebensjahr durchführen zu lassen, liegt also sehr hoch und das gehört geändert!

Viele Mädchen und junge Frauen verpassen das Zeitfenster der kostenlosen Impfung aus unterschiedlichsten Gründen: Fehlende Information, unzureichendes Angebot vor Ort oder mangelnde Unterstützung aus dem Elternhaus. Wenn dann der erste Besuch bei der Gynäkologin oder dem Gynäkologen stattfindet oder sie beginnen, sich mit ihrer sexuellen Gesundheit auseinanderzusetzen, haben viele den Zeitrahmen für eine leistbare Impfung oft schon überschritten! Aus Kostengründen wird dann häufig auf die Impfung verzichtet.

Wie weit sind wir in Österreich mit der Durchimpfungsrate?

Diese Frage ist nicht nur im Zuge der Corona-Pandemie relevant. Das österreichische HPV-Impfprogramm gilt international als vorbildlich, doch die Durchimpfungsrate ist leider schlecht dokumentiert und liegt aktuell unter 50 %. Auch die Covid-19 Pandemie hat zu einem Rückgang der Impfquote geführt, die Prioritäten lagen anderswo. Zum Vergleich: In Australien liegt die Durchimpfungsrate für HPV aktuell bei mehr als 80 %, in England konnten sogar bereits Impfquoten von etwa 90 % erreicht werden. Davon sind wir in Österreich noch weit entfernt!

Deshalb fordern wir:

Durch die Pandemie wurde bereits die Frist für die kostenreduzierte Nachholimpfung vom vollendeten 15. auf das vollendete 16. Lebensjahr angehoben. Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung! Damit sich aber in den kommenden Monaten und Jahren noch mehr Mädchen, Buben sowie junge Erwachsene impfen lassen können, braucht es noch mehr Initiativen, um die Hemmschwellen zu senken! Deshalb fordern wir:

• Eine Ausweitung der kostenfreien Impfung auf Mädchen und Buben bis zum 16. Geburtstag

• Ausweitung des „Catch-up-Programms“ bis zum 18. Geburtstag

• Ausweitung der Impfung zum geförderten Selbstkostenbeitrag bis zum 26. Geburtstag in allen Bundesländern

• Aufklärung und Information von Schülerinnen und Schülern und Eltern massiv verstärken

• Flächendeckendes Angebot und Durchführung von Impfungen an allen öffentlichen und privaten Schulen

• Unterstützung von Schulärztinnen und Schulärzten bei der Durchführung des Schulimpfprogramms

Nehmen wir die aktuelle Debatte und Sensibilisierung im Zusammenhang mit Impfungen auch als Anstoß um den öffentlichen Diskurs auf die gegen HPV auszuweiten. Leistbare Impfungen für Mädchen und junge Frauen müssen flächendeckend in ganz Österreich gesichert sein!