Eine Feministin, die aufrütteln will

Das Buch „Hood Feminism – notes from the woman that a movement forgot“ von der US-amerikanischen Autorin Mikki Kendall befasst sich mit dem Mainstream-Feminismus. Aysenur Sümer, Sprecherin des BJV-Frauenkomitees, hat das Buch für euch gelesen.

„Feminism that could ignore police brutality killing women of color, that could ignore the steady disenfranchisement and abuse in local and national politics of some women based on race and religion, wasn’t about equality or equity for all women; it was about benefiting white women at the expense of all others.”

In ihrem Buch „Hood Feminism“ kritisiert die US-amerikanische Autorin Mikki Kendall den Mainstream-Feminismus, der seine eigene Macht und Privilegien auf Kosten Anderer erweitert. Sie zeigt auf, dass der Mainstream-Feminismus allzu oft die Auffassung vertritt, Frauen müssen einem von weißen Männern vorgegebenen Karriereweg folgen, damit ihre Arbeit von Bedeutung ist und dabei auf die Schwächsten vergisst. In den Essays zu Themen wie Gewalt, Hunger, Armut, Patriarchat, Bildung, Gerechtigkeit, Sexismus und Klassismus führt Kendall detailliert aus, wieso der Mainstream-Feminismus versäumt hat, vor allem marginalisierte Frauen zu unterstützen. Die Priorität von Frauen, welche sich in prekären Lebenssituationen befinden, sind viel mehr das „Überleben“, das Stillen der Grundbedürfnisse und Sicherheit, nicht das Hochsteigen der Karriereleiter. Sie argumentiert, dass die Bewältigung dieser größeren Probleme der Schlüssel zur Gleichstellung aller Frauen ist und deshalb aus einer feministischen Linse betrachtet werden muss.

Die Autorin macht von Anfang an deutlich, was ihr Ziel und ihre Rolle ist –  sie ist die Art von Feministin, die aufrütteln will. Das zeigt sich in ihrem direkten und unverblümten Schreibstil. Untermauert von Anekdoten aus ihrem eigenen Leben zu Armut und Gewalt in der Ehe als schwarze Frau sowie politischen Analysen ist das Buch bestärkend, lehrreich und tief einschneidend zugleich. Wenn auch die Situation in den USA eine andere ist als bei uns, lassen sich Parallelen erkennen und Lehren aus „Hood Feminism“ ziehen. Vor allem regt das Buch aber zum Reflektieren an. Ist der Feminismus in Österreich nur der Elite vorbehalten oder kümmert er sich um die Belange ALLER Mädchen und Frauen? Und was ist meine Rolle in dem Ganzen?

“When feminist rhetoric is rooted in biases like racism, ableism, transmisogyny, anti-Semitism, and Islamophobia, it automatically works against marginalized women and against any concept of solidarity.”

Wenn Feminismus für alle Frauen sein soll, muss er die Anliegen der vielen Frauen aufnehmen, die weit unter der gläsernen Decke täglich um ihre Grundbedürfnisse kämpfen.