Mädchen und Frauen am Arbeitsmarkt

Warum verdienen Frauen weniger als Männer und leisten noch immer den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit? Mit diesen Fragen hat sich Hannah Pühringer, stellvertretende Sprecherin des Frauenkomitees, auseinandergesetzt.

Frauen arbeiten überwiegend in Care-Bereichen wie dem Gesundheits-, Bildungs- oder Reinigungssektor und das für wenig Geld. Insbesondere Frauen mit Migrationsgeschichte finden sich oft in prekären Arbeitsverhältnissen wieder. Am Arbeitsmarkt werden Vorurteile die aufgrund von ungleichen Machtstrukturen existieren, fortgeschrieben und verfestigen diese dadurch wieder. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, müssen die Ungleichheiten zuerst sichtbar gemacht werden, um basierend darauf aktiv in den Arbeitsmarkt einzugreifen.

Der Gender-Pay-Gap

Es gibt verschiedene Mittel, um die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen in der Arbeitswelt sichtbar zu machen, eines davon ist der Gender-Pay-Gap. Darunter wird die Differenz der durchschnittlichen Bruttostundeverdienste von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft verstanden. Dieser Gehaltsunterschied lässt sich zum Teil durch die jeweilige Branche und das Stundenmaß erklären.

Jede zweite erwerbstätige Frau arbeitet in Österreich Teilzeit, jedoch nur jeder zehnte erwerbstätige Mann. Woran liegt das? Ein Großteil der Frauen sucht sich diesen Umstand nicht aus. Laut Statistik Austria geben die meisten Frauen Betreuungspflichten als Hauptgrund für ihre Anstellung in Teilzeit an. Die Konsequenz daraus ist, dass Frauen aufgrund weniger Arbeitszeit schlechter verdienen und dadurch verstärkt von Partnern abhängig sind. Warum bleiben die Betreuungspflichten von Angehörigen und Kindern hauptsächlich an Frauen hängen? Das liegt zu einem großen Teil an ihrer Sozialisierung und traditionellen Geschlechterrollen. Bereits Kinder wachsen mit bestimmten Stereotypen auf, mit Bildern wie Mädchen und Buben zu sein haben. Diese Rollenbilder prägen die Schul- und Berufswahl und somit im späteren Leben das Einkommen. Mädchen und junge Frauen sollen die Familie in den Mittelpunkt stellen und sich vorrangig um andere Menschen kümmern. Dadurch arbeiten sie auch als Erwachsene eher in Sorgeberufen wie z.B. als Krankenpflegerin, Kindergartenpädagogin oder Lehrerin.

Nicht zufällig sind die meisten Berufe im Care-Bereich schlecht bezahlt, obwohl sie gesellschaftlich wichtig sind. Einen Grund dafür liefert folgende Analyse: Berufe, die früher hauptsächlich von Männern ausgeübt wurden wie z.B. der des Lehrers, waren hoch angesehen und gut bezahlt. Im Laufe der Zeit konnten auch Frauen vermehrt als Lehrerin arbeiten. Infolgedessen wurde der Beruf in der patriarchalen Gesellschaft finanziell und gesellschaftlich abgewertet. Mittlerweile geht der Beruf als Lehrperson mit weniger Prestige einher und die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich zunehmend.

Ein weiterer Grund ist, dass Frauen lange Zeit unbezahlt Care-Arbeit leisten mussten. Das Idealbild einer Frau in den 50ern zeichnete sie als Hausfrau, wie sie für ihren Mann kochte, die Kinder betreute und das Haus putzte. Heutzutage werden manche Bereiche dieser Hausarbeit ausgelagert: Lieferdienste, Kindergärten und Putzkräfte machen eine 40-Stunden-Lohnarbeit möglich.  Diese Tätigkeiten werden jedoch immer noch nicht mehr wertgeschätzt und gehen mit schlechter Bezahlung der Arbeitenden einher.

Heutzutage haben die meisten Frauen in Österreich Zugang zum Arbeitsmarkt, es wird von ihnen erwartet eine Karriere anzustreben. Gleichzeitig hat sich die Care-Arbeit nicht verringert und wird weiterhin hauptsächlich als Aufgabe der Frau gesehen, was zu einer Doppelbelastung von Frauen führt. Um diese Doppelbelastung zu verringern, verlagern besserverdienende Haushalte ihre Care-Arbeit auf andere Frauen. Dabei entstehen sogenannte globale Sorgeketten (Global Care Chain) in denen die Hausarbeit von oftmals migrantischen Arbeiterinnen in prekären Arbeitsverhältnissen mit wenig Sicherheit und geringer Bezahlung verrichtet wird.

Diskriminierung am Arbeitsmarkt

Strukturelle Unterdrückung aufgrund des Patriarchats und von Rassismus äußern sich nicht nur bei der Berufswahl und im Gehalt, sondern schon bei der Suche nach Arbeit und im Arbeitsalltag. Viele Mädchen und junge Frauen mit Migrationsgeschichte berichten von rassistischer Diskriminierung auf der Suche nach ihrem ersten Job.

Auch queere Menschen stoßen bei der Arbeitssuche bzw. am Arbeitsplatz auf Diskriminierung. So liegt die Arbeitslosenquote bei Trans-Personen wesentlich höher als in anderen Gruppen bzw. der restlichen Erwerbsbevölkerung. Nicht cis* geschlechtliche Personen haben laut einer Studie des SORA-Instituts ein dreimal so hohes Risiko arbeitslos zu werden.

Diskriminierung am Arbeitsmarkt kann und muss aktiv entgegengewirkt werden. Während eine Bewerbung mit Foto in Österreich nach wie vor üblich ist, wird dies in vielen Ländern, wie beispielsweise Kanada, den Niederlanden oder Schweden, nicht gerne gesehen. Bewerbungen ohne Fotos als Norm wirken vorherrschenden Diskriminierungen aufgrund von äußerlichen Merkmalen entgegen und sind somit ein Schritt in die richtige Richtung.

Über die kleineren Maßnahmen hinaus setzen wir uns als Bundesjugendvertretung für eine gesellschaftliche und finanzielle Neubewertung von Care-Arbeit ein. Nur wenn wir es als Gesellschaft schaffen die Care-Arbeit gerecht zwischen den Geschlechtern zu verteilen, kann echte Gleichberechtigung erreicht werden.

Alle BJV-Forderungen zum Thema Frauenpolitik findet ihr hier im „Positionspapier Frauenpolitik“.