Gender Equality & YOU

Im Oktober findet unter der österreichischen Ratspräsidentschaft eine europaweite Konferenz zum Thema Gender Equality in Wien statt. Ziel dieser Konferenz ist es, das derzeit vieldiskutierte Thema Gleichheit der Geschlechter wieder auf die EU-Agenda zu bringen und Meinungen von Menschen verschiedenster Hintergründe einzufangen. Neben Teilnehmer*Innen, die sich aus der Minister*Innenebene, der Verwaltung, Vertreter*Innen Zivilgesellschaftlicher Organisationen sowie Interessierten zusammensetzen, hat die Konferenz auch einen spezifischen Jugendfokus. Junge Menschen aus ganz Europa können ihre Visionen einer geschlechtergerechten Welt teilen und gemeinsam diskutieren, wie die Wege dorthin aussehen könnten.

Schon der Planungsprozess für diese Konferenz, die von der Frauensektion des Bundeskanzleramtes (BKA) in Kooperation mit der Bundesjugendvertretung (BJV) und dem Europäischen Jugendforum (YFJ) organisiert wird, war äußerst partizipativ. So fanden insgesamt neun Vorbereitungsworkshops in verschiedenen Kontexten statt, um herauszufinden, welche Fragen junge Menschen am Thema Gender Equality besonders interessieren und zu welchen Punkten es besonderen Diskussionsbedarf gibt. Gemeinsam mit den Projektpartner*Innen durfte ich einige dieser Workshops anleiten, etwa in einer Jugendgruppe in Brüssel, einem Gymnasium in Krems oder einer Trainingseinrichtung für arbeitslose junge Menschen in Wien. Ziel der Workshops war es, die Teilnehmer*Innen zu Wort kommen zu lassen und herauszufinden, was sie unter Gleichheit der Geschlechter verstehen, wo sie Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten in ihrem Alltag wahrnehmen und was sie sich für die Zukunft wünschen.

Sehr spannend habe ich die unterschiedlichen Wahrnehmungen empfunden, die beispielsweise innerhalb einer Gruppe bestanden. Viele junge Männer dieser Gruppe waren überzeugt davon, dass wir bereits in einer geschlechtergerechten Welt leben, da sich in den letzten Jahrzehnten z.B. in Punkto Frauenrechte sehr viel getan hat. Als Beispiel nannten sie z.B. Frauen in der Politik: Man müsse nur nach Deutschland blicken um zu sehen, dass es Frauen selbst in die höchsten politischen Ämter schaffen können, so ein Teilnehmer.

Junge Frauen waren jedoch teilweise anderer Meinung. Denn obwohl sie zustimmten, dass sich die Situation von Frauen in vielen Bereichen verbessert hat, sahen sie unsere Gesellschaft von Geschlechtergerechtigkeit noch weit entfernt. Ungleichheiten erkannten sie vor allem im Hinblick auf Chancen in bestimmten Berufen oder auf Rollenverteilung in der Kinderbetreuung. Außerdem erzählten einige Teilnehmer*Innen von Diskriminierungen (z.B. am Arbeitsmarkt), die Frauen in ihrem Umfeld erlebt hatten. Diese zum Teil sehr persönlichen Geschichten waren äußerst spannend und brachten eine neue Perspektive auf die Thematik. Generell trugen sie zu mehr Verständnis innerhalb der Gruppe bei und regten die Diskussion weiter an. Zum Thema Frauen in der Politik wurde von den Teilnehmerinnen mit dem Vorurteil aufgeräumt, dass sich Frauen für dieses Berufsfeld nicht interessieren würden. Ein Blick auf die Statistik in Österreich zeigt, dass Frauen in nahezu allen Gremien unterrepräsentiert sind. So beträgt der Anteil der Frauen im Nationalrat gerade einmal 35,52% (1), nur 7,6% aller Bürgermeister*Innen sind Frauen (2), zudem gab es in Österreich bisher weder eine Kanzlerin noch eine Präsidentin. Das Beispiel Deutschland zeigt, dass es Frauen zwar möglich ist, auch höchste politische Ämter zu bekleiden, jedoch stellt die Kanzlerin international gesehen nach wie vor eine Ausnahme dar, argumentierte eine Teilnehmerin. Dass es nach wie vor ganz viele strukturelle Faktoren gibt, die Frauen daran hindern in der Politik oder am Arbeitsmarkt generell weiterzukommen, spiegelt sich in den Zahlen Österreichs wider.

Dies war nur eine von vielen Debatten, die die Teilnehmer*Innen während der Vorbereitungsworkshops führten. Für mich war bei diesen Nachmittagen besonders das Zuhören spannend. Im Nachhinein bin ich immer mit positiven Gefühlen hinausgegangen, denn wie so oft habe ich junge Menschen verschiedenster Hintergründe als politisch interessiert und begeisterungsfähig erlebt, die vielfältige Meinungen haben und gehört werden wollen.

Text: Sophie Hammer